Die Super League: Das Ende "unseres" Fußballs?

Die Super League: Das Ende "unseres" Fußballs?

20.04.2021

Ein Kommentar des SV Burgaltendorf 1913 e.V.

In der Nacht von Sonntag auf Montag verkündeten 12 der mächtigsten europäischen Fußballclubs der Welt ihre Absicht, eine in sich geschlossene Liga etablieren zu wollen. Was wie eine Attacke auf die als Gelddruckmaschine verunglimpfte Champions League anmutet, ist ein Großangriff auf die föderalistischen Strukturen des uns bekannten Fußballs und die endgültige Verkapitalisierung des Nummer-1-Sports in Europa.

Will man verstehen, was die großen Clubs zu diesem Schritt bewegt hat, dann macht es Sinn, einen Blick über den Atlantik zu werfen. In den USA herrscht seit über 50 Jahren eine private Elite über den gesamten Profibereich einer Sportart: Die National Football League (NFL) ist ein geschlossenes System von 32 Clubs. Keiner kommt rein, keiner kommt raus. Es gibt keine zweite Liga, keine Jugend, auch keine rivalisierende Profiliga. Kommen solche Pläne auf (was alle paar Jahre mal passiert), werden die Bemühungen von der NFL im Keim erstickt. Damit hält die NFL auch das Monopol über das Angebot an Arbeitsplätzen im Profisport für Football. Fans betonen immer wieder das im Vergleich zu den europäischen Fußballigen faire System der Gehaltsobergrenze (Salary Cap), auf die sich die 32 Teams zu Beginn jeder Saison mit der Gewerkschaft der Spieler einigen, das zu mehr Wettbewerb führe. Es ist richtig, dass es Entwicklungen vorbeugt, dominierende Clubs immer mächtiger werden zu lassen. Und mit Sicherheit ist eine mit der Bundesliga vergleichbare Entwicklung, in welcher der FC Bayen nun zum neunten Mal hintereinander Meister wird, so gut wie unmöglich. Die Gehaltsobergrenze ist aber vor allen Dingen eins: Die Lizenz zum Geld verdienen. Über 16 Milliarden Dollar Umsatz machte die NFL im Jahr 2019, bevor es Pandemie-bedingt ein wenig abflachte. Bis 2027 sollen es laut Commissioner Roger Godell – mit geschätzen 50 Millionen US Dollar Jahresgehalt vermutlich Top Verdiener unter den Funktionären der Sportwelt – 25 Milliarden US Dollar werden. Top Clubs wie die Dallas Cowboys fahren einen operativen Gewinn von über 400 Mio pr Jahr ein, im Schnitt sind alle Teams immer noch gut neunstellig.

All das funktioniert deswegen, weil es ein perfekt inszeniertes Spektakel ist, das nicht mehr angreifbar ist. Es gibt wahrlich keine Instanz, die diese Strukturen aufbrechen kann. Für die Besitzer der Clubs bedeutet das grenzenloses Wachstum, grenzenlosen Profit bei verhältnismäßig geringem Risiko. Nachwuchs kommt aus dem Highschool- und College Bereich und wird über den NFL Draft sehr medienwirksam vermarktet an die Clubs verteilt. Jeder Nachwuchsspieler will in die NFL. Wo soll er sonst auch hin?

Der europäische Fußball hat ähnliches Potential: Fast 30 Milliarden Euro setzen alle europäischen Profiligen gemeinsam um. Ein Großteil davon könnte bald ganz Wenigen gehören.

Der europäische Fußball hat mit dem Schritt von Sonntagnacht offenbart, was viele schon seit Dekaden predigen: Die überbordende Gewinnsucht der Clubbesitzer, die sich wahrscheinlich schon seit langem darüber ärgern, dass Traditionen und Fans ihnen bei der Entwicklung von Strukturen wie in der NFL im Weg stehen.

Es ergibt sich ein bedrohliches Szenario:

Eine Allianz der besten und mächtigsten Clubs aus Italien, Spanien und England, unterstützt mit einer unfassbaren (jedoch wahrscheinlich sehr gut investierten) Summe einer amerikanischen Investmentbank, wird sich mit Lichtgeschwindigkeit von den traditionellen nationalen Ligen entfernen. Die TV-Lizenzen werden ein vielfaches dieser Ligen – ja und auch der Champions League erzielen, die ohne Ihre wichtigsten Zugpferde an Attraktivität verlieren wird. Dadurch wird eine ähnliche Situation wie in der NFL entstehen: Die Super League wird das Monopol auf Arbeitsplätze für die Superstars des Fußballs erhalten. Eine gemeinsame Gehaltsobergrenze wird den Cash Flow an die Clubbesitzer maximieren. Die Fans freuen sich über eine ausgeglichene Liga.

Der Druck nach diesen hohen Gewinnen wird im Übrigen so groß sein, dass es nicht bei den 12 Clubs bleiben wird. Vorsichtig selektiert werden auch die restlichen wenigen ganz großen Clubs auf diesen Zug aufspringen. Was bleibt ihnen - streng wirtschaftlich gedacht - auch anderes übrig? Wie das mit dem Vereinsrecht in Deutschland vereinbar ist – keine Ahnung, aber da wird sich eine Lösung finden.

Was bleibt auf der Strecke? Unser Fußball. Wurde die Kommerzialisierung schon seit vielen Jahren kritisiert, erreichen wir nun eine um ein Vielfaches erhöhte Beschleunigung und den Wegfall jeglicher Grenzen des guten Geschmacks. Die Kritik aus den Fanbasen wird nicht lange auf sich warten lassen. Ob sie groß genug ist, ob sie nachhaltig ist und ob sie wirklich auch in zehn Jahren noch existiert darf wohl bezweifelt werden. Dann werden Generationen die Pay-TV Beiträge bezahlen, die nichts anderes als den kommerzialisierten Fußball mehr kennen.

Was also können wir tun? Wir wollen nicht zum Boykott aufrufen. Aber wir sollten uns bewusst machen, dass der Umgang mit unserem Sport an dieser Stelle eine Schwelle überschreitet. Zum Wohle einiger weniger. Zum Leiden vieler Vereine, Spieler und Fans. Denkt also gut darüber nach, bevor Ihr Euch das nächste Mal ein Ticket für den FC Barcelona oder ein Trikot vom FC Liverpool kauft, denn Herr Glazer lacht sich schlapp und verballhornt gleichzeitig den Sport, den wir lieben.

Investiert stattdessen lieber in ein Ticket für den RWE oder lasst Euch bald mal wieder auf ein paar Gläser Stauder auf den Plätzen der Ruhrhalbinsel blicken.

Mit ganz besorgtem Blick nach vorn… Der SVA

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